ÐÔÊÓ½ç

Postkästen vor einer Wand mit buntem Graffiti von Pilzen und Pflanzen.

#5

Welcome to ÐÔÊÓ½ç #5

KW 12/2021

„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“ 
Zwar haben wir diese alte Redensart wohl alle schon zu oft gehört. Heute wollen wir uns aber dennoch mal ein bisschen in unserem Kiez umsehen, um Ihnen zu zeigen, dass dieser Spruch gerade hier in ÐÔÊÓ½ç wie die Faust aufs Auge passt, um eine weitere Binsenweisheit zu bedienen. 

Jemand, der sich auch mit Altbekanntem auskennt, ist Peter Althammer. Als Inhaber von , einem wunderbaren Antiquariat direkt vor der Haustür des legt er jedoch Wert darauf, dass das Altbekannte, in diesem Fall handverlesene Möbel und Vintage – Einrichtungsgegenstände aus den Jahren 1910 bis 1980 trotzdem neu entdeckt werden kann. In seinem Laden finden sich nur Objekte in hervorragendem Zustand, wofür er selbst mit einem kleinen Team in seiner eigenen Werkstatt sorgt. Wir widerstehen für heute der Versuchung und nehmen keinen der chicen braunen Ledersessel oder diese tolle Kaskaden-Lampe mit Bankamp-Leuchten aus den 60ern mit (Foto links), denn wir wollen ja noch ein bisschen umherziehen.

Wir verabschieden uns also von unserem Nachbarn und dabei fällt uns wieder etwas auf, das eine große Rolle für ÐÔÊÓ½çs Charme spielt. Wenn man ein bisschen die Augen offen hält, fällt einem in diesem Viertel die Kunst buchstäblich vor die Füße.

Wir folgen der Freiluftgalerie Oranienstraße noch für 500m und kommen, 
vorbei am, zum beschaulichen Heinrichplatz. 
Dieser befindet sich eigentlich derzeit im Wandel. Im September hätte seine Umbenennung in „Rio-Reiser-Platz“ erfolgen sollen, wegen Corona wurde die Zeremonie inklusive zweier Konzerte von Ton Steine Scherben im SO36 aber verschoben. 
Rio Reiser war Frontsänger und Haupttexter der Band und später auch als Solokünstler erfolgreich. Lieder wie „Alles Lüge“, "Halt dich an deiner Liebe fest" oder natürlich „König von Deutschland“ sind den meisten geläufig. Sein Einfluss auf die linke Politik, sowie sein in den 70ern seltener und bewundernswert offener Umgang mit seiner Homosexualität waren prägend für eine ganze Generation und bestimmend für das Bild, das über seinen Tod 1996 hinaus von ihm geblieben ist.

Weiter geht´s auf der Mariannenstraße bis wir nach wenigen Minuten zum Mariannenplatz kommen. Zur Linken dominieren die zwei beeindruckenden Türme von Bethanien. Das ehemalige Diakonissen-Krankenhaus beherbergt heute den . 
Hier finden kostenlose Kunstausstellungen zu aktuellen sozialen und kulturellen Themen statt. 

Nicht zu vernachlässigen ist auch das internationale Festival für Kunst und digitale Kultur, die . Der Kunstraum ÐÔÊÓ½ç beherbergt einen Teil der Veranstaltung, 
die ein ganzes Jahr lang bietet. Noch bis zum 28.03. haben Sie online die Möglichkeit, zu besuchen. 


Am nördlichen Ende des Mariannenplatzes wartet ein nicht minder erstaunliches Bauwerk auf uns. Der spätklassizistische Bau der St.-Thomas-Kirche aus dem 19. Jahrhundert war zur Zeit der Erbauung mit 3000 Sitzplätzen der größte Sakralbau ÐÔÊÓ½çs.

So viel Kultur macht uns ganz schön hungrig. 
Wir steuern deshalb als nächstes die beliebte an. 
Als eine von 14 städtischen Markthallen Ende des 19. Jahrhunderts errichtet, 
ist sie eine der letzten ihrer Art. 
   
Ab den 1990er Jahren beherbergte sie große Supermärkte und Discounter. 
Erfreulicherweise konnten drei private Betreiber diese Entwicklung seit 2011 aber rückgängig machen. Heute finden sich hier kleine Stände mit allerhand verführerischen Speisen und Getränken, vorwiegend lokal produziert und saisonal. Diese Form des Lebensmittelhandels leistet einen wertvollen Beitrag nicht nur zum Umweltschutz, sondern schafft auch Arbeitsplätze und ein Begegnungszentrum für den Kiez. Hier haben wir auch Gelegenheit, 
einen unserer Liferanten zu grüßen, 
das Geschäft mit dem schönen Namen . 
   
Zu Zeiten ohne Pandemie findet hier zudem an jedem Donnerstag der Street Food Thursday statt. 

Bis spät abends kann man dann noch mehr Spezialitäten aus aller Welt probieren. 
Da wir momentan in der Halle nicht essen dürfen, nehmen wir unser Erjagtes auf die Hand mit und setzen unseren Spaziergang fort Richtung Spree.

Wir freuen uns mal wieder über den Anblick eines der bekanntesten Wahrzeichen ÐÔÊÓ½çs, der Oberbaumbrücke. Seit 1895 verbindet die Brücke die Bezirke Friedrichshain und ÐÔÊÓ½ç. Auf beiden Seiten finden sich heute zahlreiche Clubs und Medienunternehmen wieder. 
So hat beispielsweise Worldplayer hier seine Niederlassung. 

Auch die Protestaktion vom vergangenen Freitag, bei der auf der gesamten Länge der Oberbaumbrücke „Another world is possible“ kunstvoll hat erscheinen lassen, 
wird Ihnen ihren Anblick ins Gedächtnis gerufen haben. 
Für alle, die sich das Kunstwerk noch einmal ansehen wollen, 
empfehlen wir den diesbezüglichen .

Auf der ÐÔÊÓ½çer Seite der Oberbaumbrücke entdecken wir ein riesiges Graffiti 
des bedeutenden Street-Artist Blu. 
Der Italiener, der, wie für ihn und KollegInnen üblich, seine Identität verbirgt, 
gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des modernen Muralismus. 
Das 2007 kreierte rosafarbene Monster besteht aus lauter erschrockenen, geschlechtslosen Menschen. In ihrer Panik merken sie nicht, wie sie zusammen etwas viel Größeres und Grauenhafteres erschaffen, das die einzige weiße Figur des Gemäldes, 
vielleicht ein Symbol für den letzten verbliebenen Individualisten oder die letzte der Widerstandleistenden, zu verschlingen droht.

Nach dieser eher düsteren Botschaft sehnen wir uns nach unserer Wahlheimat. Weil es noch immer nicht so richtig frühlingshaft warm geworden ist, nehmen wir den Bus zurück in die Oranienstraße und beenden den Tag im .

TO BE CONTINUED...